ZUM MITTAGSSCHMAUS INS THÜRMERHAUS
Nun bin ich fast 95 Jahre alt und seit 15 Jahren Mitglied im Seniorenclub. Dort habe ich bisher viele schöne Donnerstags-Nachmittage erleben dürfen und eine Menge netter Menschen getroffen. Leider sind nun Gleichaltrige rar geworden. Aber es gibt noch ein weites Umfeld an Freunden und Bekannten, die ich rein gedanklich in Gruppen einteile:
Gruppe 1: alles altersmäßig in Ordnung und aktiv
Gruppe 2: Oben noch klar, ansonsten dicht, nur gut laufen können sie nicht
Gruppe 3: Stammplatz Fernsehsessel
Ich gehöre zu Gruppe 2! Und deshalb freute ich mich, im Spätherbst einen leuchtend blauen Flyer mit dem Titel „Lieber gemeinsam Reisen als vergreisen“ in meinem Briefkasten zu finden. Es lächelte mich auch ein netter junger Mann an und er versprach:
- Begleitete Tagesausflüge für Senioren in der Umgebung Dresdens
- Haustürabholung und Hilfe beim Ein- und Aussteigen
- Höchstens 7 Personen
- Kurze Strecken – kein langes Sitzen
- Und das Allerwichtigste: Alle Rollatoren dürfen mit!
Und genau das suchte ich seit Langem. Am Anfang war ich etwas zögerlich. Dann habe ich recherchiert und probiert, und am 30. November rollten 7 silberweiße Schöpfe durch den frisch verschneiten, glitzernden Tharandter Wald zum Freiberger Weihnachtsmarkt, mit anschließender Einkehr im Schwanenschlösschen. Es war alles super organisiert, wir wurden mit einer Freundlichkeit betreut – es war sehr schön – das mache ich wieder!
In der Zwischenzeit war ich nun schon einige Mal „mit AufTour“. Zu den Reisezielen möchte ich sagen: kaum Autobahn. Die Fahrten gehen durch saubere, fast menschenleere Dörfer unserer schönen Heimat. Ich bin heimatverbundene, gebürtige Sächsin. Habe selbst viele Jahre Heimatkunde unterrichtet. Aber auch hier stimmt das alte Sprichwort: „Du kannst alt werden wie ’ne Kuh, und lernst immer noch dazu.“
Bsp.:
- „Die Weitiner auf dem Pochlitzer Berg?“ Nie gehört!
- „Die größte Dorfkirche Deutschlands mit fast 3000 Sitzplätzen in Cunewalde. So nahe und nie gesehen.
- Und „die Überfahrt am Schreckenstein“ kannte ich bisher auch nur durch Ludwig Richter.
Die ausgewählten Einkehrstätten: ob Mistschänke oder Erntekranzbaude, Schwanenschlösschen oder Thürmerhaus waren natürlich auch rolligerecht! Und sollten mal 3 oder 4 Stufen zu überwinden sein, ist der Rollator schon eher oben als wir am Geländer. Danke, eine große Hilfe. Sicher könnten andere Senioren, die schon mitgefahren sind, das Gleiche sagen. Ich habe den Ratschlag nach einer Schmerztherapie immer im Ohr: „Ablenken – was Schönes machen“, und deshalb hoffe ich, dass es mir gelingt, noch an vielen Tagen VOLTAREN gegen SILBERWEISS zu tauschen.
Gertraud Földe